Der Beitrag der Gemeinwohl-Bilanz zu den Globalen Nachhaltigkeits-zielen

Gemeinwohl als Teil der Nachhaltigkeitsziele
Beitrag von Christian Felber

Andreas Koller schlug in den Salzburger Nachrichten, wie ich zuvor im „Standard“, als alternatives Staatsziel zum Wirtschaftswachstum das „Gemeinwohl“ vor. Gleichzeitig fragte er, wie das Gemeinwohl definiert sei bzw. wer es definieren solle. Die Definitions- bzw. Operationalisierungsfrage stellt sich bei allen Grundwerten. Sie gilt ohne Unterschied für Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit oder Nachhaltigkeit. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat mit den globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs) den Versuch einer Definition (Ziele) und Operationalisierung (Indikatoren) gewagt: Das Gemeinwohl umfasst viele Facetten. Deshalb gibt es bei den SDGs gleich 17 Themen, ebenso viele wie beim „Better Life Index“ der OECD. Spitzenreiter ist das „Gross National Happiness“ im Bhutan mit 133 Lebensqualitätsaspekten.

Gemeinwohl als Bilanzierungsgrundlage

Die Gemeinwohl-Ökonomie schlägt vor, dass die Zusammenstellung des „Gemeinwohl-Produkts“ in demokratischen BürgerInnen-Beteiligungsprozessen vorgenommen wird. Von diesen „souveränen“ Instrumenten könnten dann eine Gemeinwohl-Bilanz für Unternehmen und Gemeinden abgeleitet werden. Aktuell baut die Gemeinwohl-Bilanz auf den verfassungsmäßigen Grundwerten Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Demokratie auf. 20 „Themen“ werden in Aspekte aufgeschlüsselt und mit über die qualitative Beschreibung von Erreichungsstufen plus ergänzten Leistungskennzahlen messbar gemacht, damit Organisationen miteinander verglichen und zu höheren Gemeinwohl-Leistungen angereizt werden können. Bisher haben rund 500 Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen, aber auch Schulen, Hochschulen und Gemeinden freiwillig eine solche Bilanz erstellt.

Deutschsprachige Gemeinwohl-Gemeinden

Die beiden ersten zertifizierten Gemeinwohl-Gemeinden im deutschsprachigen Raum sind Mäder und Nenzing in Vorarlberg, viele weitere Kommunen stehen am Start. Bei den Pionieren kam ein beachtliches Spektrum an Gemeinwohl-Leistungen im Sinne aller Grund- und Verfassungswerte zutage. So rechnet die Gemeinde Mäder bei Investitionen Kosten, die üblicherweise externalisiert werden, mit ein (35 Cent/Tonne CO2). Am Dorffluss Ilga wurden Grundstücke erworben, um Naherholungsraum zu sichern. Aus dem ehemaligen Schulheim Mäder wurde eine Landessonderschule für geistig und körperlich mehrfach behinderte Menschen entwickelt, deren SchülerInnen ebenso ins Dorfleben integriert werden wie Menschen auf der Flucht. Kooperiert wird auch systematisch mit anderen Gemeinden: „Für Gemeinden kann es unserer Meinung nach kein Konkurrenzdenken geben“, steht im Gemeinwohl-Bericht.

Hilfe zur Abbildung der SDGs

Der Gemeinwohl-Bericht ist eine 360-Grad-Umschau, wie sich die Gemeinde in Bezug auf gesellschaftliche Grundwerte verhält. Die SDGs werden durch die Gemeinwohl-Bilanz gut abgebildet. Deshalb entschließen sich immer mehr Gemeinden in Deutschland zur Gemeinwohl-Bilanzierung. Der schleswig-holsteinische Bürgermeister von Klixbüll, Werner Schweizer (CDU), brachte es auf den Punkt: „Das Prinzip der Gemeinwohl-Ökonomie erscheint mir als ein gutes Hilfsmittel, um die SDGs umzusetzen.“


BILDER: Miranda de Azán - salamanca.24.horas.com

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